Trennung mit Kind
Jahrzehntelange Beratung von Trennungseltern haben mich zu einer Expertin für die psychische Situation von Trennungskindern werden lassen.
Eine Elterntrennung ist für die Erwachsenen eine massive, aber vorübergehende Lebenskrise. Für Kinder ist es im besten Falle eineVeränderung. Damit diese, wie ich sie nenne, “gesellschaftliche Normalität eines individuellen Ausnahmezustandes” für die Kinder nicht zu Krise wird, brauchen Eltern verständliche Informationen über die besonderen Bedürfnisse von Trennungskindern unterschiedlichen Alters und einen alltagstauglichen Maßstab, an dem sie ihren Umgang mit ihren Kindern reflektieren können.
Elterntrennung - die gesellschaftliche Normalität eines individuellen Ausnahmezustandes
“..Mich beschäftigt der Gedanke, dass wir keineswegs die einzige Familie sind, die im Zuge einer Trennung auseinanderbricht. Vielleicht könnte ich doch aufhören, mich zu schämen und wieder etwas aufrechter gehen. Nachdem ich diese Zahl im Kopf hatte, wonach es zwei von fünf Familien so ergeht, habe ich mich dabei ertappt, dass ich manchmal auf Spaziergängen die Einfamilienhäuser gezählt habe - immer bis fünf - und mir wurde klar, dass hinter diesen Fassaden mindestens eine, wahrscheinlich sogar zwei Familien Ähnliches erleben oder erlebt haben wie wir. ...”
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Viele meiner Klient:innen sind erleichtert, wenn sie begreifen, dass sie mit ihrem Problem keineswegs zu einer gescheiterten Minderheit gehören. Ungewollte Ereignisse wie eine Elterntrennung, der Tod eines nahen Familienmitgliedes, Sucht oder die psychische Erkrankung eines Elternteil, Verlust des Arbeitsplatzes wirken sich Eltern und Kinder in einer Familie aus. Aus ganz unterschiedlichen Gründen geraten Eltern in eine Krise, die ihnen so viel abverlangt, dass ihre emotionale Verfügbarkeit für ihre Kinder zwangsläufig für die Dauer dieser Krise nicht das gewohnte Ausmaß erreicht.
Für die Erwachsenen eine massive Lebenskrise – Für die Kinder im besten Falle eine Veränderung!
"...Wenn ich diese Erfahrungen zusammenfassen soll, dann würde ich sagen, dass ich manchmal einfach nicht mehr sicher weiß, wer ich bin. Das hört sich vielleicht albern an, aber alles, was vorher klar gewesen war, meine Lebensperspektive, meine nahen und ferneren Ziele, mein Jahres- und Wochenrhythmus, mein Ausgangspunkt, alles, was so sicher gewesen war, ist plötzlich unsicher oder anders und ich weiß noch nicht genau, wie.
Wir haben z.B. immer von einem besonderen Urlaub geträumt. Wir wollten richtig lange mit einem Campingmobil durch Kanada fahren. Wir haben eine große bunte Kiste im Arbeitszimmer stehen, wo wir alle Informationen und Tipps, die für diese Reise wichtig sein könnten, sammeln. Diesen Urlaub werden wir nicht mehr gemeinsam machen und was mit der Kiste geschehen soll - ich weiß es nicht. Wo bislang das Wort „sicher“ gegolten hat, da regieren nun die Worte „vielleicht“ und „ich weiß nicht“.
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Anhand des Modells der fünf Säulen der Identität können Eltern nachvollziehen, dass es sich bei Elterntrennungen im psychologischen Sinne immer um eine Lebenskrise handelt. Sie erschüttert letztlich jede dieser Säulen.
Erfahrungsgemäß ermöglicht diese Erkenntnis einen ersten Abstand und die Reflexion dere persönlichen Situation auf der Erwachsenenebene. Bis dahin haben sich die meisten Betroffenen sich von der Trennung häufig hilflos überwältigt gefühlt.
Trennung - ein Prozess in typischen Phasen
Wenn Eltern erfahren, dass ihre persönliche Trennungskrise typischen Gesetzmäßigkeiten wie den 5 Phasen folgt, sind sie erfahrungsgemäß erleichtert. Denn sie begreifen, dass dieser Prozess zeitlich begrenzt ist und einen Anfang sowie ein Ende hat.
Besonders bedeutsam sind die erste und die dritte Phase für betroffene Eltern. Sie bedürfen daher einer intensiven Reflexion ihres Verhaltens.
Die erste Phase nenne ich (vgl. U.Steffens, 2022) die "Konflikt- und Entfremdungsphase", Sie beginnt in dem Moment, wo sich die eigentliche Trennung anzubahnen beginnt. Sie ist oft erst rückblickend zu erkennen. Eltern beschäftigt die Frage: “Should I stay or should I go?”
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Die zweite Phase wird häufig als "Schockphase" bezeichnet, weil Betroffene oft beschreiben, sie könnten nicht glauben, was ihnen da widerfahre.
Erst in der dritten Phase brechen dann die Gefühle auf. Dies ist die Phase, in der wir uns schlecht fühlen, traurig, wütend sind. Manchmal sind diese Gefühle so übermächtig, dass wir die Kontrolle verlieren. Diese Phase ist für Trennungskinder besonders kritisch.
In der darauffolgenden vierten Phase, in der wir uns selbst als einen eigenständigen Menschen wiederentdecken, beginnen Menschen langsam die Trennung zu realisieren. Sie setzen sich stark mit ihrer Beziehung und deren Ende auseinander. Alte Interessen werden wieder aufgenommen, Neues ausprobiert.
Mit der letzten Phase, der "Phase der Integration" wird das Ende der gemeinsamen Lebensphase akzeptiert, und auch der verlassene Partner entwickelt eine neue Lebensperspektive.
Elterntrennungen - eine ganz besondere Herausforderung
„Uff, und das jetzt ein Leben lang?! Ich darf gar nicht daran denken, dass dieser Mann niemals ganz aus meinem Leben verschwinden wird! Ich glaube, ich werde verrückt bei dieser Vorstellung...!“
Wenn Eltern schließlich den Widersinn des Begriffs "Elterntrennungen“ erkennen , wenn sie erkennen, dass sie sich nicht sich aus der Elternschaft heraustrennen können, dann sind sie manchmal verzweifelt und genervt. Doch es ist die Paarbeziehung, die endet. Die Verbindung als Eltern besteht über die gemeinsamen Kinder weiterhin fort.
Warum sich Kinder schuldig fühlen
Der erste Impuls von Kindern ist immer, sich grundsätzlich schuldig zu fühlen, wenn sich ihre Eltern trennen.
Entwicklungspsychologische Einsichten erklären, warum das so ist. Ich plädiere dafür, dass Eltern, aber auch pädagogische Fachkräfte, Großeltern, Paten und andere im Umfeld von Trennungskindern diesem Phänomen entschieden und einfühlsam entgegentreten!
"Ich weiß noch genau, wie es war, als meine Mutter mich anrief, um mir ganz traurig mitzuteilen, dass sie und mein Vater sich getrennt hätten. Ich war erst einige Monate zuvor zu Hause ausgezogen, um in Berlin mein Studium aufzunehmen. Ich bin der jüngste von vier Geschwistern. Es war damals völlig normal für mich, dass auch ich nach dem Abitur irgendwann ausziehen würde. Ich war gerade 19 geworden. Ich hörte die Stimme meiner Mutter, ich verstand, was sie sagte und dennoch konnte ich nicht begreifen, was sie da sagte: Meine Eltern doch nicht! Ich weiß nicht warum, aber ich habe mich plötzlich so schlecht gefühlt. Ich habe fieberhaft überlegt, ob ich nicht hätte merken müssen, dass da bei den beiden etwas nicht stimmt. Wer denn sonst, wenn nicht ich? Vielleicht hätte ich es irgendwie verhindern können, dass es soweit kommt. Ich hätte Probleme bemerken, ansprechen, was weiß ich machen können, aber ich hab´s nicht hingekriegt - verpasst."
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Es mag überraschen, dass ein erwachsener junger Mann derart schuldbewusst auf die Trennung seiner Eltern reagiert, und doch ist es so, dass er ausspricht, was viele Trennungskinder empfinden. Der psychische Mechanismus, der diesem Phänomen zugrunde liegt, funktioniert so ähnlich, wie man es aus der Arbeit mit Kindern aus Suchtfamilien kennt. Diese Kinder machen die Erfahrung, dass ihre Eltern durch ihre Krankheit sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Sie sind unberechenbar und emotional so wenig verfügbar, dass Kinder die Verantwortung dafür bei sich suchen. Sie sind davon überzeugt, dass sie durch ihr eigenes Verhalten, wenn sie sich nur genug anstrengen, wenn sie brav und wachsam sind, verhindern könnten, dass Vater oder Mutter sich betrinken. Ausfälle der Eltern erklären sie sich dementsprechend mit ihrem eigenen Versagen. Sie können sich das Verhalten ihrer Eltern nicht anders erklären, als es auf sich zu beziehen. In ihrer Verzweiflung suchen sie die Schuld bei sich selbst, denn damit hätten sie endlich eine Möglichkeit, die belastende und unberechenbare Situation zu kontrollieren. Sie sind überzeugt davon, dass sie die Situation und das Verhalten ihrer Eltern in ihrem Sinne beeinflussen können, wenn sie sich nur genug Mühe geben. Die Überlegung hinter diesem Ansatz lautet: „Wenn ich weiß, was ich dazu beigetragen habe, dass Papa/Mama wieder trinkt, dann muss ich in Zukunft nur darauf achten, diese Verhaltensweisen zu vermeiden und dann wird alles gut.“
Das zwangsläufige Scheitern dieser kindlichen Bemühungen führt schließlich dazu, dass die betroffenen Kinder sich als machtlos und wertlos empfinden. Sie glauben, dass ihre Eltern trinken, weil sie, die Kinder, so störend, schlecht und wenig liebenswert seien. Und dieses Selbstbild wird um so tiefer verankert, je jünger die Kinder sind. Dieser psychische Mechanismus bewirkt, dass Kinder die Schuld bei sich suchen, wenn sich ihre Eltern häufig und heftig streiten, wenn sie traurig, aggressiv oder mit ihrer Aufmerksamkeit häufig nicht bei ihren Kindern sind. Je jünger ein Kind ist, desto größer ist die Gefahr, dass dies geschieht. Wenn es denkt, die Eltern stritten sich seinetwegen und dann einer von beiden auch noch auszieht, dann kann es das schlimmstenfalls als ein Indiz dafür werten, dass dieser es schließlich mit dem bösen Kind nicht mehr ausgehalten habe.
Mir fällt dazu eine Fernseh-Reportage über eine Familie ein, die nach Frankreich ausgewandert ist. Diese Sendung hat mich sehr beeindruckt, weil sich das vorgestellte Ehepaar mit zwei Töchtern von 12 und 14 Jahren trennte, nachdem es die schwierige Anfangszeit im fremden Land erfolgreich gemeistert hatte und es ihm eigentlich hätte gut gehen können. Ich erinnere mich gut an ein kurzes Interview mit dem jüngeren Mädchen, das den folgenden Wortlaut hatte:
TV-Team: „Wie war denn das letzte Jahr für dich?“
Mädchen: „Ja: ich sag nur „Streit. ,Manchmal haben sie gewartet, bis ich aus dem Haus bin. Ich sag nur: „manchmal
TV-Team: „Hattest du dir das gedacht?“
Mädchen: „Dass die sich trennen? Na,ja, wo sie mit dem Streit angefangen haben, da fand ich das noch...naja, jeder streitet sich mal ein bisschen. Aber wo´s dann jeden Tag war, da habe ich mir gedacht, bald werden sie sich trennen.“
TV-Team: „Und dann haben sie es gesagt.“
Mädchen: nickt
TV-Team: „Und was hast du dir dann gedacht
Mädchen: „Hätt ich das bloß nicht gedacht!“
Mich hat diese Szene sehr berührt, weil sie ein treffendes Beispiel für das den kindlichen Schulgefühlen zugrunde liegende psychische Phänomen ist. Es ist bezeichnend, dass das 12jährige Mädchen glaubt, es habe allein durch seine Gedanken und seine Befürchtung, die Eltern könnten sich trennen, die Trennung bewirkt. In der Entwicklungspsychologie wird das Denken kleiner Kinder auch als „magisches Denken“ bezeichnet. Das bedeutet, dass Kinder glauben, durch die Kraft ihrer Gedanken die Realität beeinflussen zu können. Aufgrund ihrer rasanten Entwicklungsfortschritte in den ersten Lebensjahren fühlen sie sich manchmal geradezu allmächtig und sind dann wie berauscht von ihren neuen Fähigkeiten, so wie die fünfjährige Lotta in dem Bilderbuch von Astrid Lindgren (Astrid Lindgren: Lotta kann fast alles. Hamburg 1977, S. 1), die begeistert ausruft: „Mit mir ist es so komisch, ich KANN so viel!“ Noch Vorschulkinder leiten aus diesen für sie großartigen Erfolgen die – wenn auch zunehmend zaghafter werdende - Überzeugung ab, dass sie allein durch ihren intensiven Wunsch Ereignisse herbeiführen oder verhindern könnten. Jeder hat vielleicht schon einmal Kinder an einer roten Ampel dabei beobachtet, wie sie diese durch verbale Kommandos, oft unterstrichen durch energische Gesten, bezwingen wollen, auf grün umzuschlagen. Gelingt dies zeitgleich, so triumphieren sie und sehen darin stolz einen Beweis dafür, dass sie tatsächlich über magische Kräfte verfügen. Die wichtigste Botschaft an ein Kind, dessen Eltern sich trennen, lautet daher immer: „Du hast keine Schuld! Du kannst nichts dafür! Es hat nichts mit dir zu tun, dass wir uns trennen! Wir bleiben beide deine Eltern und wir haben dich beide lieb!“
Wie sag´ich´s meinem Kinde?
Immer wieder wollen Elteren von mir wissen, wie sie mit ihren Kindern über ihre Trennung sprechen können, wenn sie vermeiden wollen, dass diese Gespräche sie verunsichern oder ängstigen.
Oft entwickeln wir im humorvollen Rollenspiel Grundsätze für eine fruchtbare und angemessene Gesprächsführung mit Kindern.
Wir üben dann das Formulieren von Ich- Botschaften und erarbeiten Kriterien, an denen Eltern sich bei Gesprächen mit ihren Kindern orientieren können.
Schon 1946 hat sich Erich Kästnerdazu im "Doppelten Lottchen" geäußert:
„... Wertgeschätzte kleinere und größere Leserinnen und Leser! Jetzt wird es, glaube und fürchte ich, allmählich Zeit, dass ich auch ein wenig von Luises und Lottes Eltern berichte, vor allem darüber, wie es seinerzeit zu der Scheidung zwischen ihnen kam. “
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Sollte euch an dieser Stelle des Buches ein Erwachsener über die Schulter blicken und rufen: „Dieser Mensch! Wie kann er nur, um alles in der Welt, solche Sachen den Kindern erzählen!“, dann lest ihm, bitte, das Folgende vor: Als Shirley Temple ein kleines Mädchen von sieben, acht Jahren war, war sie doch schon ein auf der ganzen Erde berühmter Filmstar, und die Firmen verdienten viele Millionen Dollar mit ihr. Wenn Shirley aber mit ihrer Mutter in ein Kino gehen wollte, um sich einen Shirley–Temple-Film anzuschauen, ließ man sie nicht hinein. Sie war noch zu jung. Es war verboten. Sie durfte nur Filme drehen. Das war erlaubt. Dafür war sie alt genug. Wenn der Erwachsene, der euch über die Schulter guckt, das Beispiel von Shirley Temple und den Zusammenhang mit Luises und über Lottes Eltern und ihrer Scheidung nicht verstanden hat, dann richtet ihm einen schönen Gruß von mir aus, und ich ließe ihm sagen, es gäbe auf der Welt sehr viele geschiedene Eltern, und es gäbe sehr viele Kinder, die darunter litten! Und es gäbe sehr viele andere Kinder, die darunter litten, dass die Eltern sich nicht scheiden ließen! Wenn man aber den Kindern zumutete, unter diesen Zuständen zu leiden, dann sei es doch wohl allzu zartfühlend und außerdem verkehrt, nicht mit Ihnen darüber in verständiger und verständlicher Form zu sprechen!
Vive la Différence!
Mütter und Väter haben von Anfang eine ganz unterschiedliche Bedeutung für ihre Kinder. Beide sind existenziell wichtig, doch lässt sich das nicht quantifizieren. Während gerade kleine Kinder noch sehr stark auf ihre Mutter angewiesen sind, brauchen sie auch Quality-Time mit ihren Vätern nötig. Erst in ihrer Ergänzung beginnen Eltern ihre optimalen Qualitäten zu entfalten.
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…Bei einem meiner Urlaube am Atlantik konnte ich folgende Szene amüsiert beobachten: Offenbar hatte sich eine Gruppe befreundeter Eltern mit Kindern im Alter von Krabbelkindern bis hin zu Schulkindern dazu entschieden, dass sich die Mütter und die Väter von Tag zu Tag bei der Betreuung ihrer Kinder am Strand abwechselten. Ihr Erkennungszeichen war ein riesiges Sonnensegel in knalligem Orange, das schon in den Dünen weithin erkennbar die Ankunft der Gruppe von ca. 8 Erwachsenen und einer unüberschaubaren Anzahl von Kindern ankündigte. Waren die Mütter an der Reihe, so wurde eilig das Sonnensegel aufgestellt und alsbald die Kinder ermahnt, an ihre Sonnenhüte erinnert, Sandspielzeug wurde ausgegeben, ausrückendeKrabbelkinder unter das Segel zurückgeholt und versucht sie dort mit unermüdlich herbeigeschafften Sandeimern voll aus dem Meer geschöpftem Wasser, im Schatten des Segels von ihrem Bewegungsdrang abzulenken, damit nur die halbstündlich frisch nachgecremte Babyhaut nicht zu viel Sonne abbekäme. Die größeren Kinder kamen aus dem Wasserund begehrten mit dem Handtuch trockengerubbelt zu werden, Gummitiere mussten mit mütterlicher Puste aufgepumpt werden, Rucksäcke wurden aufgezurrt und Getränkeflaschen ausgegeben – kurz: Es herrschte ein reges Treiben begleitet von mahnenden Rufen und mütterlichen Kommentaren.
Am nächsten Tag, wenn sich dann die Väter mit den selben Kindern gemächlich unter dem Sonnensegel auf ihr Handtuch gleiten ließen, bot sich dem Betrachter ein völlig anderes Bild, das sich gemessen an dem Hummelschwarm vom Vortag eher mit einem Bild aus dem Reich der Reptilien beschreiben ließe. Dieselben Kinder waren plötzlich in der Lage nicht nur ihre Gummitiere selbst aufzublasen und sich ihre Getränke selbst aus den Rucksäcken zu nehmen, die Krabbelkinder kehrten nach kurzen Ausflügen in die sengende Sonne von selbst unter das schützende Segel zurück und ließen sich neben ihre Väter plumpsen, die sie scherzhaft begrüßten oder Grimassen schnitten. Ansonsten war nur ein gelegentliches väterliches Fluchen zu hören, wenn der Wind in die genüsslich aufgeschlagene Zeitung fuhr. Irgendwann im weiteren Verlauf des Nachmittags kam dann ein Ball ins Spiel, die Väter kickten, die Kinder nach Lust und Laune mittenmang. ..."
Kinder brauchen realistische Elternbilder!
Ich begleite Eltern dabei, wenn sie sich mit der Frage beschäftigen, wie es gelingen kann, die Ebene der Kinder von der der Erwachsenen loszulösen, um so den Kindern eine eigenständige Beziehung zu beiden Eltern zu ermöglichen.
Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass Eltern dahin tendieren, in ihrem Zorn den anderen manchmal schlecht zu machen, ist das Gegenteil oft der Fall. Sie erliegen häufig der Versuchung, Versäumnisse des anderen zu entschuldigen, um ihren Kindern Leid und Enttäuschungen zu ersparen.
Es ist so wichtig, wenn Eltern begreifen, dass Kinder ein Recht auf ein realistisches Bild von sich und dem anderen Elternteil zu erwerben - mit all ihren Vorzügen und Fehlern. Denn das ist die Voraussetzung dafür, dass Kinder eine angemessene Beziehung zu beiden entwickeln können.
Typische Konflikte
Jede Elterntrennung bringt ganz typische Konflikte mit sich. Das liegt daran, dass sich die Partner nach einer Trennung selbst und ihre Rolle als Eltern neu finden müssen.
Zudem ist eine Trennung ein Prozess, der in Phasen verläuft, und jede Phase bringt unterschiedliche Bedürfnisse nach Nähe und Distanz mit sich.
Familienfeste, kindliche Freiräume, das Verständnis von Verantwortung und Elternschaft führen dann zu unweigerlich zu Konflikten, zu denen sich jedes Elternteil verhalten lernen muss.
Die folgenden Beiträge berichten davon, wie Eltern und Kinder diese Konflikte erleben und vermitteln Impulse für individuelle Lösungen.
Der Geburtstag vom "Halben"
In “Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid” (Fredrik Backman) spricht die 7-jährige Elsa von ihrem Halbgeschwister als “Halben. Dies bezieht sich sowohl auf den Verwandtschaftsgrad, als auch auf die Schwangerschaft ihrer Mutter, während der das neue Kind zwar da, aber noch nciht auf der Welt ist.
Ich erinnere mich an eine Klientin, die sich um Weihnachten herum mit der bevorstehenden Geburt des Kindes aus der neuen Beziehung ihres Ex-Partners auseinandersetzte.
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Diese Situation tritt viele, oftmals schon überwunden geglaubt Konflikte im Innern los. “Jetzt gelingt ihm mit dem neuen Partner das, was uns nicht gelungen ist.” ist ein typischer Gedanke, der die Betroffenen sich erneut als gescheitert erleben lässt.
Die Situation mobilisiert Ängste, die gemeinsamen Kinder könnten sich in der neu entstehenden “heilen” Familie womöglich wohler fühlen als in der bisherigen Ein-Eltern-Familie.
Unsere gemeinsame Arbeit besteht dann darin, das angegriffene Selbstwertgefühl der Realität anzupassen. Einer Realität, in der Kinder beide Eltern lieben und die Beziehungsarbeit nicht erst mit der Trennung begonnen hat. Auch Trennungseltern haben ihren Kindern ein Fundament mitgegeben, sie haben eine Bindung ermöglicht, die konkurrenzlos ist.
Ein neues Baby ist keine Attraktion wie ein niedliches Haustier, mit dem man Kinder “abwerben” kann. Wenn Eltern das begreifen, dann geht das einher mit der Rückbesinnung auf ihre Stärken und ihre Leistung. Das lässt ihr Selbstbewusstsein in dem Maß wachsen, in dem es ihre Ängste schwinden lässt.
Mein Kind - dein Kind
Kinder haben eine immens große Bedeutung für die Identität ihrer Eltern . Vor diesem Hintergrund kann man sich erklären, warum die Ex-Partner eine solche Macht besitzen, sich gegenseitig über ihre gemeinsamen Kinder zu verletzen. In diesem Zusammenhang zitiere ich häufig aus dem “Augsburger Kreidekreis von Berthold Brecht:
„Man muß also, ohne auf bloßes Geschwätz einzugehen, feststellen, wer die rechte Mutter des Kindes ist.“ Und mit ärgerlicher Stimme rief er den Gerichtsdiener und befahl ihm, eine Kreide zu holen. Der Gerichtsdiener ging und brachte ein Stück Kreide. „Zieh mit der Kreide da auf dem Fußboden einen Kreis, in dem drei Personen stehen können“, wies ihn der Richter an. Der Gerichtsdiener kniete nieder und zog mit der Kreide den gewünschten Kreis. „Jetzt bring das Kind“, befahl der Richter. Das Kind wurde hereingebracht. Es fing wieder an zu heulen und wollte zu Anna. Der alte Dollinger kümmerte sich nicht um das Geplärr und hielt seine Ansprache nur in etwas lauterem Ton. „Diese Probe, die jetzt vorgenommen werden wird“, verkündete er, „habe ich in einem alten Buch gefunden, und sie gilt als recht gut. Der einfache Grundgedanke der Probe mit dem Kreidekreis ist, daß die echte Mutter an ihrer Liebe zum Kind erkannt wird. Also muß die Stärke dieser Liebe erprobt werden. Gerichtsdiener, stell das Kind in diesen Kreidekreis.“ Der Gerichtsdiener nahm das plärrende Kind von der Hand der Amme und führte es in den Kreis. Der Richter fuhr fort, sich an Frau Zingli und Anna wendend: „Stellt auch ihr euch in den Kreidekreis, faßt jede eine Hand des Kindes, und wenn ich sage, dann bemüht euch, das Kind aus dem Kreis zu ziehen. Die von euch die stärkere Liebe hat, wird auch mit der größeren Kraft ziehen und so das Kind auf ihre Seite bringen.“... Und mit einem einzigen heftigen Ruck riß Frau Zingli das Kind aus dem Kreidekreis. Verstört und ungläubig sah Anna ihm nach. Aus Furcht, es könne Schaden erleiden, wenn es an beiden Ärmchen zugleich in zwei Richtungen gezogen würde, hatte sie es sogleich losgelassen. Der alte Dollinger stand auf. „Und somit wissen wir“, sagte er laut, „wer die rechte Mutter ist. Nehmt der Schlampe das Kind weg. Sie würde es kalten Herzens in Stücke reißen.“ Und er nickte Anna zu und ging schnell aus dem Saal, zu seinem Frühstück. …“
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Viele meiner Klient:innen sind erleichtert, wenn sie begreifen, dass sie mit ihrem Problem keineswegs zu einer gescheiterten Minderheit gehören. Ungewollte Ereignisse wie eine Elterntrennung, der Tod eines nahen Familienmitgliedes, Sucht oder die psychische Erkrankung eines Elternteil, Verlust des Arbeitsplatzes wirken sich Eltern und Kinder in einer Familie aus. Aus ganz unterschiedlichen Gründen geraten Eltern in eine Krise, die ihnen so viel abverlangt, dass ihre emotionale Verfügbarkeit für ihre Kinder zwangsläufig für die Dauer dieser Krise nicht das gewohnte Ausmaß erreicht.
Du bist Schuld an meinem Unglück!
Wenn sich ein Elternteil zu sehr in der Opferrolle sieht, dann bringt das Kinder in unerträgliche Konflikte.
Sie tendieren spontan nämlich dahin, sich auf die Seite des vermeintlich Schwächeren zu stellen, und das bietet den Nährboden für das Phänomen der Parentifizierung. Die beschreibt eine Rollenumkehr zwischen Eltern und Kindern, und das ist - das muss ich hier so klar sagen - immer pathologisch!
Es blockiert aber auch die persönliche Entwicklung, wenn man sich zu sehr in die Opferrolle begibt. Irgendwann werden Opfer zu Tätern, und auch das ist für Trennungskinder eine große Überforderung.
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Viele meiner Klient:innen sind erleichtert, wenn sie begreifen, dass sie mit ihrem Problem keineswegs zu einer gescheiterten Minderheit gehören. Ungewollte Ereignisse wie eine Elterntrennung, der Tod eines nahen Familienmitgliedes, Sucht oder die psychische Erkrankung eines Elternteil, Verlust des Arbeitsplatzes wirken sich Eltern und Kinder in einer Familie aus. Aus ganz unterschiedlichen Gründen geraten Eltern in eine Krise, die ihnen so viel abverlangt, dass ihre emotionale Verfügbarkeit für ihre Kinder zwangsläufig für die Dauer dieser Krise nicht das gewohnte Ausmaß erreicht.
Familienfeiern
Angesichts der bevorstehenden Einschulung möchte ich dieses Thema aufgreifen:
Je nach Trennungsphase, in der dieses Ereignis stattfindet und nach Stand Beziehung zwischen den Eltern könnt Ihr ein Konzept entwickeln, das auch Eurer persönlichen Entwicklung im Trennungsprozess auf eine Weise Rechnung trägt, die es Euch und den Kindern gleichermaßen erlaubt, sich damit wohl zu fühlen.
Keine Eurer Vereinbarungen ist zu diesem Zeitpunkt in Stein gemeißelt!
Lasst Euch von dem Bemühen leiten, dass dieses Fest nicht durch unterschwellige Konflikte der Erwachsenen überschattet werden soll.
Das gilt für die Einschulung wie für Geburtstage und Familienfeste aller Art.
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Viele meiner Klient:innen sind erleichtert, wenn sie begreifen, dass sie mit ihrem Problem keineswegs zu einer gescheiterten Minderheit gehören. Ungewollte Ereignisse wie eine Elterntrennung, der Tod eines nahen Familienmitgliedes, Sucht oder die psychische Erkrankung eines Elternteil, Verlust des Arbeitsplatzes wirken sich Eltern und Kinder in einer Familie aus. Aus ganz unterschiedlichen Gründen geraten Eltern in eine Krise, die ihnen so viel abverlangt, dass ihre emotionale Verfügbarkeit für ihre Kinder zwangsläufig für die Dauer dieser Krise nicht das gewohnte Ausmaß erreicht.