Scheiden tut weh

"Ich habe mich so abgelehnt gefühlt."

„Es ist furchtbar: Als meine Kleine, sie ist gerade 2,5 Jahre alt, das letzte Mal von ihrem Papa zurückkam, da wollte sie sich gar nicht von ihm trennen. Ich hab sie dann auf den Arm genommen und bin mit ihr in die Wohnung. Sie hat ununterbrochen jämmerlich „Papa, Papa…“ geweint. Ich habe selbst so mit den Tränen kämpfen müssen, und schließlich haben wir beide geweint.

Zuerst habe ich mich richtig abgelehnt gefühlt. Das hat unglaublich weh getan. Doch als sie sich so an mich geklammert hat und wir zusammen geweint haben, da habe ich gemerkt, dass wir einfach beide traurig darüber sind, wie es gekommen ist.“

 
Kleinkinder nehmen die Veränderung einer Trennung natürlich genauso wahr wie ältere Kinder, nur fehlen ihnen noch die Möglichkeiten, das sprachlich auszudrücken und ihre Verunsicherung in Worte zu kleiden. Und sie spüren natürlich auch die Traurigkeit und die Verunsicherung ihrer vormals so stark und unerschütterlich empfundenen Eltern.
Leider gibt es keine allgemeingültigen Regeln, die allen Kleinkindern die Übergangssituation gleichermaßen erleichtern können, denn das hängt stark von der emotionalen Situation der Erwachsenen ab.
Kinder dieses Alters brauchen Sicherheit. Eine gute Möglichkeit, die zu vermitteln stellen Rituale dar.Solange die Erwachsenen noch sehr mit eigenen, starken Gefühlen zu kämpfen haben, ist es sicherlich nicht sinnvoll, ein solches Ritual zu dritt zu gestalten.
Erst wenn beide Erwachsenen die Phase der heftigen Gefühle (s. 4. Sitzung) bereits überwunden haben, sind sie dazu vielleicht in der Lage. Möglicherweise tut sich dann aber auch ein Kleinkind weniger schwer, weil beide Eltern deutlich entspannter sind.

Ähnlich wie bei der Eingewöhnung in der Kita können Eltern – jede/r für sich! - versuchen, den Übergang immer gleich zu gestalten. Das kann schon mit dem Aufräumen der Spielsachen, einem Lied, einer Geschichte beginnen, die den Abschied einleitet.
Kleine Kinder haben, wie es im Fachjargon heißt, noch keine „Objektkonstanz“ . Vielleicht hast du schon mal beobachtet, dass ein Zug der Holzeisenbahn, der in einem Tunnel verschwindet, für ein Kleinkind „weg“ ist. Sie sind freudig überrascht, wenn er dann am anderen Ende wieder herauskommt.
Wenn kleine Kinder mit der Trennung vom Alltagselternteil – in der Regel die Mutter – überfordert sind, dann entlädt sich dies meiner Erfahrung nach bei seiner Rückkehr, also da, wo sie sich sicher fühlen. Auch das kann der Grund für die kindlichen Tränen sein. Rituale fördern die Erfahrung, dass weder Papa noch Mama „weg“ sind, und sie erleichtern den Übergang. Auch das Ankommen zuhause kann mit einem kleinen Ritual beginnen, das sich immer wiederholt.

Eltern möchten, dass ihr Kind möglichst immer fröhlich und zufrieden ist. Darin sehen sie dann die Bestätigung, dass sie gute Eltern sind. Was für ein ungeheurer Druck! Für beide Seiten! Und so unrealistisch, denn auch negative Gefühle gehören zum Leben dazu. Die Herausforderung besteht darin, dem Kind die Geborgenheit zu geben, in der es Traurigkeit und Wut erleben kann und die Erfahrung machen darf, dass diese unangenehmen Gefühle vorübergehen.
— Ute Steffens
 
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Frust macht sauer